Autor: Fritz I. Schwertfeger
Bilder: Fritz I. Schwertfeger
19. Oktober 2024
Der ultra-kompakte Endverstärker von Pro-Ject gab bereits mit der vorangegangenen S2 Version sein Stelldichein. Und das in bemerkenswerter Manier. Da erstaunt es um so mehr, dass die neue S3 Generation dank neuer Topologie, ein verbessertes Klangbild verspricht. Aber warum Gutes nicht einfach noch weiter verbessern?
So in etwa, könnten sich die Ingenieure von Pro-Ject die Frage gestellt haben, als sie das Kleinod in der Entwurfsphase vor sich gehabt haben. Wenn wir von einer Endstufe sprechen, gehen die Gedanken in der Regel meist in Richtung großkalibriger Schwergewichte. Die Amp Box S3 ist genau das Gegenteil.
Dabei kann die Pro-Ject Amp Box S3 im Verbund mit weiteren Familienmitgliedern aus der S2 / S3 Linie, des österreichischen Herstellers durchaus auch im Wohnzimmer eine veritable Figur machen. Wie auch als Zweitanlage im Schlafzimmer oder wenn auf dem Schreibtisch passive Kleinboxen angetrieben werden sollen. Gut, jetzt hänge ich mich sehr weit aus dem Fenster: werden sehr sensitive Lautsprecher eingesetzt, steht auch einem Einsatz im Heimkino (als Endstufe für Heights oder Rear) nichts im Wege. Die passende Vorstufe (Pre Box S2 Digital z.B.) vorausgesetzt, lässt die Amp Box S3 den Traum der eigenen Vor- Endstufen Kombination ziemlich real werden. Und das dabei platzsparend und in einem sogar für Studenten bezahlbaren Bereich. Dass, in diesem Fall kompakte Abmessungen, mit kleinen Preisen und einem ordentlichen Wohlklang einhergehen, ist durchaus kein Widerspruch.
Sie passt mit ihren Abmessungen (10 cm Breite, 3,6 cm Höhe und Tiefe von 11,8 cm) auf eine Handfläche, was sicherlich auch ihrem ausgelagerten Netzteil zu verdanken ist. Von außen schlicht und reduziert gehalten, findet sich nur ein runder Ein-und Ausschalter, sowie eine darüber angebrachte LED, die Bereitschaft oder eben den stand-by signalisiert. Ihr robustes Aluminiumkleid wurde zwar nicht aus einem Block herausgefräst, ist aber aus einem Guss, so dass die Elektronik robust geschützt gegen äußere Störeinflüsse ungestört ihrer Arbeit nachgehen kann.
Die Verarbeitung, der in der Slowakei gefertigten Amp Box S3 zeigt sich mehr als nur ordentlich, hier gibt es mit Ausnahme, der innenseitigen, hinteren Kanten, die sich gerne etwas runder an den Fingerkuppen präsentieren könnten, auch kaum etwas zu meckern. Und ja, da bin ich jetzt durchaus pingelig, ich weiß. Rückseitig betrachtet, fallen die soliden Lautsprecherklemmen ins Auge, die auch mit gängigen Bananas bis 4 mm Durchmesser Kontakt aufnehmen. Die Endstufe nimmt mit einem Cinch-Eingang Kontakt zu Vorstufen auf, wie z.B. der in Sachen Formfaktor perfekt passenden Pre-Box S2 Digital oder der aktuellen Weiterentwicklung, der Pre Box S2 Edition 2023. Aber auch die Pre-Box S2 Analogue wäre denkbar oder generell jede vorhandene Vorstufe.
Interessant aber auch die weiteren Anschlüsse der Amp Box S3. Unterhalb der Lautsprecherklemmen findet sich, der zur Ferneinschaltung benötigte Trigger-Eingang, welcher das manuellen Einschalten obsolet macht. Praktischerweise schleift die S3 Endstufe, die Schaltspannung (12 Volt) über einen direkt daneben befindlichen Ausgang (Trigger-Out) durch, so dass entweder andere Gerätschaften oder eben zusätzliche Amp Box S3 Endstufen in den Genuss besagter Ferneinschaltung kommen. Das macht durchaus Sinn, denn in der Regel gilt der Grundsatz der Arbeitsteilung, sprich mehr Endstufen, mehr Leistung, mehr Klangfreude. Entscheidend ist hier der dezent gehaltene, fast schon leicht zu übersehende "Out"-Ausgang der Endstufe, der ein entsprechendes Kabel vorausgesetzt (3,5 mm Klinke zu Cinch), das Vorstufen-Signal zur nächsten Endstufe durchschleift.
Und warum folgerichtig so nicht Bi-Amping oder sogar Tri-Amping realisieren, wenn die Anschlussterminals des Lautsprechers es hergeben? So hat, sofern für Bi-Amping ausgelegt, sowohl der Hoch-Mitten-Zweig, wie auch der Tieftonbereich des Lautsprechers seine eigene Endstufe. Mit der Amp Box S3 wird das tatsächlich zu Kinderspiel, lediglich die vorhandenen Verbindungsbrücken an den Lautsprecher-Terminals sollten vorher abgeschraubt werden, dann kann es auch schon los gehen. Eine andere Variante wäre übrigens das horizontale Bi-Amping, das mittels zwei S3 Endstufen realisiert und von mir persönlich auch favorisiert wird. Dabei bedient eine der beiden S3 Endstufen nur den Hoch-Mitten-Zweig, während sich die andere S3 Endstufe auf den Bassbereich konzentriert.
Ja, man sollte hier keine bechergroßen Siebkondensatoren oder eine Phalanx von Leistungstransistoren erwarten. Aber, macht man sich davon frei und lässt sich auf dieses Kleinod ein, dann erstaunt dessen robuste Kaltschnäuzigkeit durchaus. Sie spielt ihren Möglichkeiten entsprechend, sehr ordentlich wie selbstbewusst auf. Aber dazu später mehr.
Von einer erheblichen Leistungssteigerung, verglichen mit der Vorgängerversion zu reden, wäre bei jetzt 40 Watt (4 Ohm) pro Kanal, statt der bisherigen 35 Watt der S2, glattweg übertrieben, aber immerhin, jedes Watt zählt. Und ja, an 8 Ohm, reden wir von gerade mal 23 Watt pro Kanal. Das klingt nach nicht viel, sind wir hier doch meist Zahlen von 100 - 300 Watt oder mehr gewohnt. Aber die nackten Zahlen sind manchmal nicht alles, wenn man clever kombiniert. Da hier ebenfalls wie bei der S2 Vorgänger-Endstufe eine effiziente Class-D-Verstärkung unter Verwendung von Pulsweitenmodulation (PWM) zum Einsatz kommt, bleibt das Ganze temperaturmäßig absolut unproblematisch. In Sachen Laststabilität wird es sicherlich potentere Beispiele geben, aber was diese gerade mal 385 Gramm wiegende "tiny "Box leistet, ist durchaus erstaunlich bis verblüffend - wenn nicht gerade kritische Lautsprecher angeleint werden, hier sollte man den kleinen Endstufen durchaus entgegenkommen.
Für den Hörtest kommt neben einem Rot von den Parzellen, des Weinguts Schwegler aus dem Remstal, die Pro-Ject Pre-Box S2 Digital, nebst Accu Box S2 USB und die Amp Box S2 zum Einsatz. Wer Näheres hierzu wissen möchte, dem sei der vorangegangene Test des Pro-Ject Ensembles gerne nahegelegt. Als Lautsprecher kommen sowohl die Monitor Audio Bronze 500 Kompaktboxen, wie auch die Standlautsprecher Acoustic Energy AE 109 zum Einsatz. Und da meinerseits keine brachialen Pegel gefahren werden, funktioniert das ganz gut. Beim Song „Birds“ von Dominique Fils-Aimé (Album: Nameless) konzentriere ich mich also zunächst auf die Amp Box S2. Sie klingt mit der Vorstufe wie bereits beschrieben tonal eher unaufgeregt, mit der Tendenz zu einem ausgewogen und einem auf der ganz leicht helleren Seite beheimateten Timbre. Bei -30 db auf der Skala klingt es angenehm, bei -25 bd wird es laut bis spaßig. Hier merke ich mir die Werte, weil es mich natürlich brennend interessiert, ob sich im direkten Vergleich, die dazugewonnenen 5 Watt der Amp Box S3 bemerkbar machen.
Was beim Anschluss mit der neuen Amp Box S3 als erstes auffällt, ist das fehlende Ploppen aus dem Lautsprecher, wenn die Endstufe auf Betriebsbereitschaft schaltet. Dieser, nennen wir es mal, „soft start“ macht sich schon mal positiv bemerkbar. Aber auch klanglich hat sich einiges getan. So klingt das Stück über die Amp Box S3 tatsächlich sonorer, erdiger. Vor allem die unteren Lagen wirken nun kräftiger eingefasst und voluminöser.
Wo die Amp Box S2 schlanker und zarter wirkte, langt die Amp Box S3 nicht nur genussvoller, sondern auch mit größerer Autorität zu. Selbst das Mittenband zeigt sich präsenter und ausdrucksstärker. Dass, nun bei den hohen Lagen feiner poliert und speziell bei der Detail-Auflösung ein Zugewinn verbucht werden kann, ist unüberhörbar. Mit der Amp Box S3 wirkt das Stück auch räumlich präziser eingefasst, öffnet sich wiederum ein Quentchen mehr in die Breite. So rückt die Klangbühne zwar einen kleinen Schritt nach vorne, was aber auch wiederum mit einer involvierenderen Spielweise einhergeht. Hallfahnen sind beispielsweise eine Nuance deutlicher wahrnehmbar und neben einer gesteigerten Randschärfe ist auch der Impakt, sprich die dynamische Expressivität eine deutlich energischere. Diese Schippe mehr an Temperament steht der Amp Box S3 sehr gut und bringt die gesamte Performance des Vor-Endstufen Gespanns ein gehöriges Stückchen nach vorne.
Beim aus dem gleichem Album nachfolgenden Stück „Home“, hat die Stimme der Sängerin ein kräftigeres Volumen und eine strahlendere Farbintensität. So ist das Tremolo in der Stimme deutlicher herausgearbeitet und die stimmliche Intonation mit mehr Körper und Umriss eingefasst. Da wirkt die Amp Box S2 im Vergleich doch schlanker und auch etwas nervöser. Kurz um, es findet sich eine Nuance mehr Autorität und auch feinfühligere Finesse in der Wiedergabe über die Pro-Ject Amp Box S3. Bei der Lautstärke erfährt das Ganze keine bedeutsame Veränderung, bei gleicher Lautstärke wirkt die neue Endstufe konturierter aber gleichzeitig auch ein Quäntchen substanzieller. Man könnte auch umgangssprachlich behaupten, da ist einfach mehr Fleisch am Knochen.
Natürlich lässt mich die Idee des horizontalen Bi-Ampings nicht los, weswegen Audio Trade, der deutschen Pro-Ject Vertrieb, gleich zwei, der niedlichen Amp Box S3 auf die Reise schickte. Wieder das Stück „Birds“ von Dominique Fils-Aimé. Der schnalzende Kontrabass klingt jetzt nicht fundamentaler sondern einfach federnder und auch ein kleines Stück lustvoller. Das in Summe, lässt ihn auf jeden Fall durchhörbarer, luftiger und luzider wirken.
Das ist deswegen Interessant, weil ich bei zwei Endstufen schlicht mit deutlich imposanterem Spiel gerade in unteren Lagen gerechnet hatte. Aber, viel mehr kommt hier eine größere Beweglichkeit zum Ausdruck, sprich der Bass wirkt nuancierter, straffer, und agiler. So gesehen hat sich nun statt plumper Opulenz, mehr Stabilität in Form einer hörbaren Gelassenheit, wenn man so will, einer gesteigerter Souveränität hinzugefügt. Von der zweiten Amp Box S3 profitieren ebenso Hochton- und Mittenband, denn auch hier zeigt sich nun eine offenere und beweglichere Gangart. Es klingt dabei nicht angestrengt, sondern betont lässig und wie aus dem Handgelenk geschüttelt. Sicher nicht in gleicher Manier, wie wenn eine doch potentere Endstufe vom Schlage eines Mytek Brooklyn Amp herangezogen wird. Aber das wäre auch Äpfel mit Birnen vergleichen, weswegen sich der Vergleich hauptsächlich auf die Amp Box der vorangegangen Generation bezieht. Aber im Vergleich zu einem Kaliber wie dem Brooklyn Amp zeigt sich, die Amp Box S3 weder verschüchtert noch verängstigt. Mit ihrem straff-sehnigen Bass-Spiel, gefühlvollen Mitten und einen angenehm fein aufgelösten Hochton erreicht sie zwar nicht das Niveau eines Mytek Brooklyn Amp, aber das kann man ihr mit Blick auf den Preisunterschied auch nicht wirklich vorwerfen. Beeindruckend ist das jedoch allemal.
Die S3, als neue Generation der Amp Box ist von außen nur durch den Schriftzug zu unterscheiden. Klanglich hat sie aber einen enormen Schritt nach vorne getan und lässt ihre Vorgängerin mit größerer Detail- und Spielfreude, Farbintensität und Körperhaftigkeit hinter sich. Geeignet ist die Amp Box S3 sowohl für Desktop-Anwendungen aber auch für ernsthaften Musikgenuss in Stereo. Lässt man bei der Auswahl der Lautsprecher, die nötige Sorgfalt walten, sprich bei wirkungsgradstarken Lautsprechern, auch als zusätzliche Endstufe (n) im Heimkino denkbar. Egal wie, stets liefert die Amp Box S3 ein unangestrengtes wie verblüffend mitreißendes Klangbild, welches man dem Kleinod kaum zutraut.
Vertrieb
Audio Trade Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
D-45472 Mülheim an der Ruhr
Telefon: 0208-882 66 0
Telefax: 0208-882 66 66
Email: info@audiotra.de
Web: www.audiotra.de
Preis: 299,00 Euro
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