Beyerdynamic DT 1770 PRO /  Praxistest auf www.audisseus.de
Foto: beyerdynamic

beyerdynamic DT 1770 PRO  - Praxistest


Autor: Fritz I. Schwertfeger

Bilder: beyerdynamic / Fritz I. Schwertfeger

04.10.2015

 

Over Ear - Praxistest: beyerdynamic DT 1770 PRO  – Referenz im Studio wie auch zuhause? 

 

Beyerdynamic läutete bereits mit dem im Oktober hier getesteten In-Ear AK-T8iE eine neue Zeitrechnung ein. Der zweite Paukenschlag aus dem Reigen der Neuentwicklungen des Heilbronner Kopfhörerspezialisten ist der eher im professionellen Studiobereich angesiedelte DT 1770 PRO.

Der ohrumschließende, geschlossen konstruierte und nach dem klassischen, dynamischen Prinzip arbeitende Kopfhörer dürfte dennoch vielen bekannt vorkommen. Macht er doch keinen Hehl daraus, aus dem Genpool des prominenten und seit Jahren im Studiobereich als auch bei audiophilen Kreisen beliebten DT 770 PRO zu stammen.


BEYERDYNAMIC DT 1770 PRO

Mit den lange Jahre zurückreichenden Rückmeldungen aus der Studiowelt aber auch von anspruchsvollen Musikhörern weltweit, wuchs im Laufe der Zeit der Ehrgeiz bei beyerdynamics Ingenieuren einen neuen Referenz-Kopfhörer zu erschaffen. Basierend auf bewährtem Fundament und mit den aktuellen und neuesten Errungenschaften wie z.B. der Tesla-Technologie oder auch dreiteiligen Membranen, die außer beyerdynamic vermutlich niemand sonst im Sortiment haben dürfte: Voila, das Ergebnis heißt - DT 1770 PRO. Erfreulicher Vorteil dabei: der bewährte Altmeister bleibt unangetastet und ist nach wie vor für einen sehr fairen Preis erhältlich. 

Beyerdynamic DT 1770 PRO /  Praxistest auf www.audisseus.de
Foto: beyerdynamic

Da ist der neue DT 1770 PRO mit seinen 599 Euro  in höheren Preisre-gionen unterwegs, unterstreicht damit aber auch seinen Führungs-anspruch. Der maßgeblich bei der Entwicklung des Kopfhörers beteiligte Produktmanager bei beyerdynamic, Joscha Kretschmann brachte die Frage nach der Ursache für den höheren Preis mit einer interessanten Metapher auf den Punkt. Letztlich verhielte es sich im Grunde wie im Automobilbau. Auch dort lässt jeder Hersteller Hoch-leistungs-Modelle auf der Plattform der jeweiligen Serie entstehen.  Bei Motor, Design, Performance und Material wird versucht grundlegend und richtungsweisend das Maximale auszuloten, um so ein außerge-wöhnliches Produkt entstehen zu lassen. Ob sie nun BMW M GmbH oder AMG heißen, die Philosophie wäre stets dieselbe. Dass sich all  diese Faktoren im Verkaufspreis widerspiegeln wäre unvermeidbar. Viel Wert wurde auch auf die optische Gesamtwirkung gelegt.  Entstanden ist so ein stimmiges, modernes und doch puristisches Design, das funktionale Vorteile und einen hohen Wiedererkennungsfaktor vereint. 

 

BEYERDYNAMIC DT 1770 PRO - AUSSTATTUNG UND ZUBEHÖR

 

Der in Deutschland von Hand gefertigte Kopfhörer rechtfertigt seinen Preis sogleich bei der ersten Inaugenscheinnahme mit einer Kompromiss-losigkeit bei Verarbeitung, Materialqualität und Materialanmutung. Das beginnt zunächst schon beim Auspacken. Als Kopfhörer-Aficionado ist man ja einiges gewohnt, aber wenn dann ein ultra stabiles Hardcase zum Vorschein kommt, nötigt das schon anerkennenden Respekt heraus. Recht schnell wird klar, während der Kopfhörer weich gebettet und gut geschützt bereits um erste Aufmerksamkeit buhlt, dass diese Transportbox einiges aushalten dürfte. Wie ein Instrumentenkoffer ideal, wenn es an häufig wechselnde Einsatzorte geht aber für die Meisten, die den Hörer vermutlich wie ihren Augapfel hüten dürften, eher ein beruhigendes Ass im Ärmel. Falls doch mal ein mehrwöchiger Toskana Urlaub ansteht, dürfte bei der Reise somit nichts anbrennen. Da braucht es aber dann doch Platz im Koffer, denn weder lässt sich der beyerdynamic zusammenfalten noch will er überhaupt mit dem Begriff Reisekopfhörer in Verbindung gebracht werden. Ganz im Gegenteil, er will als Hochleistungsinstrument verstanden werden, ob im Studio beim Mastering, Mixing oder Recording. Kann aber auch der anspruchsvollen Gelegenheitshörer zuhause oder auch der geneigte High-Ender von den Talenten des beyerdynamic profitieren? Vorneweg, mehr als das. Denn wer fürchtet, dass hier eine all zu klinisch oder gar steril klingende Klanglupe zu Werke geht, wird bereits bei den ersten Hörreihen eines besseren belehrt.  

 

Beyerdynamic DT 1770 PRO /  Praxistest auf www.audisseus.de
Foto: beyerdynamic

Pfiffig ist die recht kompakte, im innern des Hardcase angebrachte und mit einem Reißverschluss versehene Tasche, die neben einem 5m langen Spiralkabel auch ein normales, gestrecktes 3 m Kabel sauber aufgeräumt in ihre Obhut nimmt. Beide Kabel lassen sich somit nicht nur flugs austauschen, sondern verfügen über einen verriegelbaren, bombenfest einrastenden Mini-XLR Stecker zum Kopfhörer hin und einen abschraubbaren 6,35 mm Anschluss, der ein 3,5mm Klinkenstecker zum Vorschein bringt. Damit lässt sich der DT 1770 PRO auch gerne von einem mobilen Kopfhörerverstärker wie dem Audio-Technica AT-PHA100 oder dem Chord Mojo ohne lästige Reduzieradapter-Sucherei in die Pflicht nehmen. Zum weiteren Austattungsrepertoire gehören auch zwei Ohrpolster aus hochwertigem Kunstleder. Während die werkseitig angebrachten Ohrpolster aus weichem Velour eine geringere Isolierung der Außengeräusche als ihre Kunstlederkollegen auf die Waagschaale legen, punkten sie mit einem eher transparenterem Klangbild und ihrem hautschmeichelnden Hohlfaser Material, das aus dem Profisportbereich stammt. 

 

Beyerdynamic DT 1770 PRO /  Praxistest auf www.audisseus.de
Foto: beyerdynamic

Neben einem hohen Tragekomfort stellt sich auch ein sorgsam austarierter Anpressdruck um die Ohren ein, sobald der Hörer aufgesetzt ist. Nichts drückt oder fühlt sich unnatürlich an, ganz im Gegenteil. Schon nach kürzester Zeit,  ist das im Grunde für dieses Kaliber von Kopfhörer gar nicht all zu schwere Gewicht von 388 Gramm vergessen. Nimmt man ihn für einen Moment wieder ab, fällt der Blick auf die robusten Federstahlbügel-Konstruktion, die weich gepolstert und ebenfalls von hochwertigem Kunstleder eingefasst ist. Statt des eher hemdsärmeligen Auftritt des DT 770 PRO kommt der neue beyerdynamic mit deutlich edlerem Understament daher. Das lassen bereits die sauber ausgeführten Ziernähte am Kopfband erkennen, flankiert von dem darauf dezent eingeprägten beyerdynamic Schriftzug. Einen besonderen Kontrast zum dominierenden Schwarz des Hörers, bilden die silbernen Prägungen der Ohrmuscheln und der Verstellmechanik. Es sind die feinen Details die erkennen lassen, dass hier keine optische Kosmetik, sondern eher Design-Ästhetik im Vordergrund standen. Fährt man mit dem Finger über die schwarz eloxierten Gabeln, welche die Treibergehäuse mit reichlich Drehfreiheit und dennoch satt einfassen, so staunt man ebenfalls nicht schlecht über deren feine Oberflächenstruktur. Diese ist Resultat des Aluminium-Wälzverfahrens und verdeutlicht den hohen Aufwand bei der Fertigung. Und auch die sich unsichtbar in den Kopfbügel einfügende und fein rastende Ausziehmechanik ist über jeden Zweifel erhaben. Dass das Kabel, wie Produktmanager Joscha Kretschmann abschließend zu verstehen gab, während des Entwicklungsprozesses selbst nach 200.000 Cycles auf der Knickschutztestmaschine nicht kaputt zu kriegen war, ist schon mal eine Ansage. Die Verarbeitung insgesamt ist hervorragend und vermittelt dem künftigen Besitzer das gute Gefühl einen unverwüstbar erscheinenden Kopfhörer sein Eigen nennen zu dürfen.  

 

BEYERDYNAMIC DT 1770 PRO - TECHNIK

 

Die Treibergehäuse, sowie sehr viele Teile am Treibersystem wurden mit sehr leichtem aber extrem widerstandsfähigen Kunststoff hergestellt. Alle Sichtteile sind lackveredelt. Die 45 mm messenden Membranen des DT 1770 PRO bestehen aus einen speziellen Compound-Material. Erstmalig findet in einem Hörer der PRO-Serie auch die leistungsstarke und bestens beleumundete Tesla-Technologie Einzug. Kennzeichen der Tesla-Technologie ist ein besonders leistungsstarker Magnetantrieb, der anders als üblich nicht im Zentrum der Antriebs residiert, sondern die Schwingspule ringförmig umgibt. Eine höhere magnetische Flussdichte, sowie die ohne Streuverluste im Luftspalt konzentrierte magnetische Kraft, führen zu einem schnellerem und akkurateren Ansprechverhalten der Membran. Die beim DT 1770 PRO zum Einsatz kommenden dreilagigen Membranen sorgen für reduzierte Partialschwingungen während des Ein- und Ausschwingvorgangs. Eine weiterer Pluspunkt der Tesla-Technologie ist die Realisierung filigranerer Schwingspulen als üblich.  Jegliche im Antrieb eingesparte bewegte Masse führt zu einem impulstreueren Verhalten der Membran. Ziel des ganzen Aufwandes: Mehr Details bei geringeren Verzerrungen und ein ausprägt räumliches und mit feinster Auflösung aufwartendes Klangbild.

 

 

Für die Klangabstimmung verließ man sich bei beyerdynamic nicht nur auf die eigene, interne Erfahrung, sondern ließ auch bekannte Musiker und renommierte Ton-Ingenieure zum Zuge kommen. Klangtests mit über 100 Testhörern und ständige Feinjustage führten zum letztlichen Klangbild des DT 1770 PRO. Dieser durfte dann auch nach einer 60 stündigen Einspielzeit seine klanglichen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Zwar spielte der mit 250 Ohm ausgeführte Tesla-Kopfhörer im anschließenden Hörtest meist mit adäquater Verstärkung, ließ sich aber erstaunlicherweise auch mit Smartphone und Co. ein, ohne auf Diva zu machen. Hier empfiehlt sich dann aber doch der Einsatz eines mobilen Kopfhörerverstärkers, denn der DT 1770 PRO bleibt sonst weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. 

 


HÖRTEST


 

Auch in diesem Hörvergleich wurden erneut die Referenzen Astell&Kern AK 380 und Calyx M herangezogen und selbstverständlich durfte auch der hervorragend getestete Kopfhörerverstärker von Audio-Technica AT-PHA100, sowie der Chord Mojo nicht fehlen. 

 

 

Jazz

Bei Herbie Hancocks „Chameleon“ (Head Hunters) kredenzte der DT 1770 PRO mit einer unangestrengten Souveränität eine tiefe, ultraplastische, räumliche Staffelung der einzelnen Instrumente. Dabei transportierte er mit federnder Spielweise und hohem Spaßfaktor den Groove und Drive des Stücks.  Gleichzeitig gaben sich Detailreichtum, Transparenz und ein Farbenfeuer in den Mitteltonpassagen mit einer bestechenden Stimmigkeit die Ehre. Blanke Begeisterung entfachte auch ab Minute 7. das Schlagzeugspiel von Harvey Mason, als es zum infernalen Crescendo ansetzte. Hier intonierte der beyerdynamic die darinliegende Wucht mit präziser Konturierung und einer lebendigen, flüssigen Spielweise bei der zu spüren war, dass die Felle und Percussions nicht nur vibrierten und schwangen, sondern förmlich um Gnade zitterten.

 

Electro

Mit feiner Hingabe widmete sich  der DT 1770 PRO bei "Before" von Scuba (Triangulation) den elektronischen Klängen. Dabei zeigte sich sein offener, neutraler Grundcharakter mit zupackender Deutlichkeit. Stimmen klangen sehr natürlich, nicht künstlich oder von vernachlässigter Grundwärme. 

Der tief hinabreichende, kräftige und piekfeine Tiefton war eine wahre Freude, wie auch die gesamte von lebhafter Transparenz und lupenreiner Agilität getragene Spielweise. Dabei geizte der Heilbronner Kopfhörer nicht mit Reserven in Sachen Dynamik und Pegel - letztlich musste man schon darauf achten es mit der Lautstärke nicht all zu sehr zu übertreiben. 

 

Jazz

Sehr konturiert und mit enormer Detailtiefe versehen, stellte der beyerdynamic beim Stück "Song For Her" von Manu Katché (Playground) eine enorm  atmosphärische Darbietung zur Schau. Die Klavieranschläge hatten Biss und Elan, während die Hi-Hats glanzvoll und transparent in Erscheinung traten. Dabei übertrieb es der DT 1770 PRO keineswegs mit der Auflösung, ganz im Gegenteil, er trumpfte mit einer besonderen Abbildungstiefe auf  und ließ Details aus der zweiten Reihe auflodern, die sonst gerne ungehört blieben. Beeindruckend auch die tieferen Oktaven, die der beyerdynamic füllig, satt und präzise wiedergab. Der gezupfte Kontrabass zeigte sich über den DT 1770 PRO kernig strukturiert und von warm temperierter Ausdrucksstärke. Energiegeladen und temporeich auch Manu Katche´s Schlagzeugspiel, das mit enormer Präsenz im Raum begeisterte, statt sich irgendwo uninspiriert im allgemeinen Getümmel zu verlieren. Was sich übrigens wiederum genau dann einstellte, wenn der Chord Mojo aus dem Signalweg genommen wurde. Da wollte über die Ausgangsstufe des iPhone 6 Plus einfach nicht dieselbe Spielfreude aufkommen wie über diesen famosen externen Kopfhörerverstärker. 

 

 

Klassik

Welch Opulenz und Farbenpracht bei klassischen Stücken wie dem sich dynamisch herrlich emporrankendem "Diplom - Folk Suite for Fiddle and String Orchestra - Abelvær" von Trondheimsolistene (In Folk Style) in 24 bit / 96 kHz von highresaudio.com vorliegend.  Jeder noch so kleinen Bewegung und Nuance folgte der beyerdynamic mit penibler Stringenz. Seine luftige Spielweise erkaufte er sich nicht mit Bissigkeit oder Aggressivität. Nein, er klang bei aller Transparenz stets  authentisch und offen. Das Stück intonierte der DT 1770 PRO als Gesamtkunstwerk, voller Dynamik und pfeilschnell.  Bemerkenswert die Homogenität und Qualität in der Abbildung, nichts schien dem beyerdynamic verborgen zu bleiben. Klangliche Ereignisse die sich entweder links, rechts oder oben, unten ereigneten waren mühelos auszumachen. Gerade die Fähigkeit das Klangbild mehrdimensional strukturiert wiederzugeben und dabei mit Autorität und zarter Hand zugleich der Musik den nötigen Spielraum zu geben, ließen den DT 1770 PRO enorm geschmeidig und unglaublich räumlich erklingen, speziell wenn er von Referenzen wie dem Audio-Technica AT-PHA100 angetrieben wurde. 

 

Fazit:


 

Mit dem beyerdynamic DT 1770 PRO schaffen die Heilbronner Kopfhörerspezialisten das Kunststück, dem Meilenstein DT 770 PRO eine weitere, zukünftige Legende zur Seite zu stellen. Festzumachen an der hervorragenden Verarbeitungsqualität, der robusten Vielseitigkeit und dem referenziösen Klangbild. Ob für Profis im Studio oder genussvolle High-Ender: Der beyerdynamic bewegt sich mit einer breitbandigen, facettenreichen und lebendigen Musikalität in bemerkenswerter Mühelosigkeit quer durch alle Genres und Terrains. Sein transparenter, luftiger und gleichzeitig mit druckvoller Farbenpracht auftrumpfender Grundcharakter macht aus ihm ein präzises Abhörinstrument und High-End Kopfhörer zugleich. Und wer glaubte, dass der DT 1770 PRO sich nur einzelnen totalen Segmente widmen und dabei die musikalische Gesamtübersicht vernachlässigen würde, der sollte sich den beyerdynamic mal genauer in Ruhe anhören. Die Spielfreude, das bestechende Timing und die Abhörtiefe dürften auch den kritischsten High-Ender Milde stimmen. Als Traumkombination erwies sich der Heilbronner Kopfhörer in Verbindung mit den beiden mobilen Kopfhörerverstär-kern von Chord und Audio-Technica. Weitläufig atmosphärisch klang es mit dem AT-PHA100 von Audio-Technica, während der Chord Mojo mit schier unglaublicher Dynamik und Stringenz die intimere, konzentriertere Symbiose bot. Mit dem DT 1770 PRO ist beyerdynamic auf jeden Fall nicht nur ein weiterer großer Wurf gelungen, sondern die Erschaffung einer neuen Ikone. 

 

 


Beyerdynamic DT 1770 PRO -  Praxistest auf www.audisseus.de

 

  • 95 Pkte Klang
  • 90 Pkte Ausstattung
  • 95 Pkte Verarbeitung
  • 90 Pkte Bedienung
  • 95 Pkte Bassqualität
  • 95Pkte Neutralität
  • 100 Pkte Feindynamik /
    Präzision 

 

Preis: 599,00 Euro

Erhältlich im Fachhandel sowie über www.beyerdynamic.de

 

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