EVE Audio SC 203  / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Michael Gorny

EVE AUDIO SC203 - AKTIV MONITOR


Autor: Michael Gorny

Bilder: EVE Audio  / Michael Gorny

Februar 2017


Das erste, was ich zu hören kriegte, als ein guter Freund die beiden kleinen Lautsprecher auf meinem Schreibtisch rechts und links vom Mac sah, war ein herzliches „Du schreibst doch jetzt nicht über Spielzeug, oder?“. „Keinesfalls!“, konnte ich ihn beruhigen, die Jungs von EVE audio meinen es ernst!


EVE AUDIO SC203: KLEIN UND AKTIV


Aber fangen wir ganz von vorne an. Vor kurzem sprach mich Thomas Frohn, seines Zeichens seit Oktober Vertriebschef bei der Berliner Firma EVE audio und sowas wie ein Urgestein im Vertrieb professioneller Audioprodukte in Deutschland an, ob er mir vielleicht mal seine neuen kleinen Monitore schicken solle. Wenn ich Lust hätte, könnte ich ja was dazu schreiben.... Es sollten die kleinsten Lautsprecher mit AMT Hochtöner sein.

Also kam kurz danach ein Karton aus Berlin und die Geschichte nahm ihren Lauf.

 

Ausgepackt und zum ersten Mal gewundert. Sehen so „echte“ aktive Monitore aus? Wieso sind alle Anschlüsse an der rechten Box und wieso werden die beiden nur mit einem normalen Lautsprecherkabel verbunden? Ist das etwa doch nur eine gepimpte Logitrust Plastiktröte, wie sie an diversen Computern ihr karges Leben fristen und die Menschen an der Tastatur mit ihrem Output quälen?


EVE AUDIO SC203: DIE FEATURES


EVE Audio SC 203  / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Michael Gorny
Der µA.M.T., wie auch der kleine Tiefmitteltöner spielen hinter Gittern.

 

Aber weit gefehlt, der zweite Blick offenbart einiges. Zuerst ist die rechte Box tatsächlich der „Chef“, Master genannt. Hier sind alle Anschlüsse, und das sind einige und hier sind auch alle Verstärker eingebaut. Plural, denn in dieser kleinen Kiste sind tatsächlich vier Endstufen, ein DSP und ein DAC integriert! Die linke Box ist entsprechend der Slave und wird mit einem einzelnen vieradrigen schwarz-roten Kabel angebunden. Vieradrig deshalb, weil es echte Aktivboxen sind. Je ein Tiefmitteltöner und ein winziger AMT, treffend µA.M.T. genannt, hängen an jeweils eigenen Endstufen und so bekommt jedes Chassis seine eigene Leitung.

 

Das Netzteil ist extern, Typ Notebook mit Eurostecker, auch als Rasiererstecker bekannt. Ein USB Kabel, eine mono Cinchverbindung zum optionalen Subwoofer und zwei orange, keilförmige Gummipads runden zusammen mit der Bedienungsanleitung und einem „Quick Start Guide“ den Inhalt des Kartons ab. Auf diese orangen Keilpads komme ich später noch einmal zurück.

 

Endstufen, Anschlüsse und Features

Die intern verbauten Endstufen leisten laut Datenblatt je 30 W Peak und sind Class-D, echte Hypex Amps. Kontakt mit der Aussenwelt, mit den Quellen wird auf bis zu drei Arten hergestellt: analog (RCA), über TOSLINK oder USB. Ausgänge gibt es für das erwähnte vieradrige Lautsprecherkabel zur linken Box per Klemme und per Cinch für einen externen Subwoofer, den EVE audio natürlich auch im Programm hat.

 

EVE Audio SC 203  / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Michael Gorny
Die Rückseite des Masters, Anschlüsse und die Passivmembran sind gut erkennbar.

 

Weiterhin befinden sich auf der Rückseite noch ein Mini-Panel mit drei DIP Schaltern für Konfigurationen und ein „Nachbrenner“, eine Passivmembran, eingebaut um der Basswiedergabe, die aufgrund des kleinen Gehäuses naturgemäß eingeschränkt ist, auf die Sprünge zu helfen.

 

Die Membran entspricht im Durchmesser in etwa dem des aktiven Treibers auf der Front und sorgt laut EVE audio für eine untere Grenzfrequenz von 62 Hz am -3 dB Punkt. Das ist beachtlich für die geringe Größe. Die erwähnten DIP Schalter steuern Standby Verhalten (automatisches Abschalten der Elektronik nach 10 Minuten ohne Eingangssignal), den Satellitenfilter für Subwooferbetrieb und den maximalen analogen Eingangspegel. Zur Befestigung auf Stativen sind je zwei M6 Gewinde in die Rückwand geschnitten. Spätestens jetzt ist klar, die Herrschaften in Berlin meinen es ernst, das ist definitiv kein Spielzeug.


EVE AUDIO SC203: ZAUBERKNOPF FÜR ALLE FUNKTIONEN


Vorne sieht es deutlich aufgeräumter aus. Die rechte Box zeigt neben den beiden Chassis nur einen zentralen Drehknopf mit dem alle Einstellungen vorgenommen werden. Umgeben von einem Kranz oranger Leuchtdioden ist dieser das einzige Bedienelement an der Box. Ein Multifunktionswerkzeug, damit wird die Box ein-, aus- und stummgeschaltet und Eingänge, Lautstärke, Balance, Entzerrung, sowie die Klangregelung gesteuert. Entzerrung und Klangeregelung sind rein digital mittels des erwähnten Digitalen Signalprozessors implementiert. Die Klangregelung arbeitet getrennt für Bass und Höhen als sogenanntes Shelf Filter, das eine gleichmäßge Anhebung bzw. Absenkung der Frequenzen unterhalb 300 Hz und oberhalb 3 kHz erlaubt. Die Bedienungsanleitung erklärt das Prinzip sehr ausführlich.

 

EVE Audio SC 203  / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Michael Gorny
Aufstellung mit erhöhter Neigung durch die Pads und Entzerrung „Desk“

 

Zur Anpassung an mögliche Aufstellungsoptionen stehen voreingestellte, auch per DSP kontrollierte Entzerrungen zur Verfügung. Sie werden ebenfalls am zentralen Einstellrad der Masterbox ausgewählt. Zu den Auswirkungen dieser Entzerrung komme ich weiter unten bei der klanglichen Beschreibung.

 

Die Bedienung des zentralen Knopfs ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, sobald man aber den Bogen raus hat, genial einfach. Drücken, Drehen (Funktion), Drücken, Drehen (Wert), lang Drücken (Einstellung speichern), Fertig. Dazu lohnt es sich durchaus, einen Blick in die Anleitung zu werfen.

 

Eine grundsätzliche Besonderheit ist die Gehäuseform dieser Boxen, sie sind nicht quaderförmig mit parallelen Böden und Wänden, sondern die Schallwand ist etwas höher als die Rückwand. Der rechte Winkel ist oben. Damit sind Deckel und Boden nicht mehr parallel und die Box steht automatisch mit leichter Neigung nach hinten. Mit den beiden mitgelieferten keilförmigen orangen Gummipads lässt sich dieser Effekt entweder noch verstärken oder aber ausgleichen, je nachdem wo die Boxen aufgestellt werden. Ein wegrutschen der Box vom Pad wird durch kleine Fixierungen wirksam verhindert.

 

Alles in allem sieht man, dass sich die Berliner wirklich etwas dabei gedacht haben. Als Ergänzung steht eine passende Transporttasche für Boxen, Kabel. Netzteil und – das ist clever – einen Laptop (!) zur Verfügung. Klasse Idee!


HÖRTEST


Nachdem jetzt Technik und Features geschildert sind, kommt die entscheidende Frage bei einem Lautsprecher: wie klingt er und wie stelle ich ihn auf?

 

Letztere Antwort ist einfach, entweder unterhalb Ohrhöhe bspw. auf einem Schreibtisch oder direkt auf Ohrhöhe auf einem Ständer bzw. einem Regal, Pult o.ä.. Für diese Fälle gibt es sowohl die orangen Pads, die die Neigung herstellen bzw. aufheben und die voreingestellen Entzerrungen.

 

In meinem Fall, als Multimediaunterstützung am MacBook auf dem Schreibtisch setzte ich zuerst die beiden Lautsprecher auf die Pads, um die Neigung zu erhöhen, schaltete ein und spielte Musik von Spotify. 

EVE Audio SC 203  / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Michael Gorny

 

Die voreingestellte Entzerrung ist „Flat“, ausgelegt für eine hohe, offene Aufstellung auf Ohrhöhe ohne Neigung nach hinten. Auf dem Schreibtisch klang es damit untenherum etwas zu dick und „topfig“, wie eine Kleinbox am PC, aus der man Bass herausquetschen will. Als ich die CS203 zum ersten Mal so hörte, runzelte ich zunächst die Stirn und dachte, für den Preis muss aber deutlich mehr gehen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, erst danach die Anleitung zur Hand genommen und den Trick mit den unterschiedlichen Entzerrungen gelesen zu haben.

 

Jedenfalls wechselte ich die Entzerrung auf „Desk“ und die Welt war sofort in Ordnung. Die Auflösung war besser, Ortung ok, der Bass nicht mehr unangenehm und es machte einfach Spaß, eine bekannte Playlist ablaufen zu lassen. Danach fasste ich die Entzerrung nicht mehr an. Wieder etwas, was die Berliner gut hingekriegt haben. Kein Vergleich zu herkömmlichen PC-Plastikboxen.

 

Später haben die SC203 den Sound zu Filmen von Prime und Videos von YouTube beigesteuert, Playlisten von Spotify und meine gerippten CDs vom NAS gespielt. Alles ohne Beanstandungen, im Gegenteil, der Klang an meinem Schreibtisch war richtig gut. Es kam niemals das Plastikfeeling der üblichen Multimediaanhängsel auf. Die Basswiedergabe ist dank der Unterstützung durch die Passivmembran wirklich befriedigend und die Wiedergabe hoher Lagen gelingt dank AMT sowieso. Da ich ein Freund aktueller AMTs bin, hat mich das nicht gewundert. Eben eine echte Box mit zwei Wegen und aktiver Ansteuerung.

Die SC203 haben mich im Laufe der Zeit auch ganz profan bei stundenlangen Telefonkonferenzen per Skype zu meiner großen Zufriedenheit unterstützt. In einem Besprechungsraum kann man sie auch bspw. einfach Richtung Auditorium drehen und zur akustischen Begleitung von Vorträgen nutzen.

 

Was sie nicht können ...

Natürlich kann man die kleinen SC203 nicht mit vollwertigen, großvolumigen Lautsprechern vergleichen, sie sind als Minimonitore konzipiert und man sollte sie auch so einsetzen. Daher können sie keine großen Säle beschallen, keine abgrundtiefen Bässe liefern und auch keinen unbegrenzten Pegel.

Sie sind das kleinste Modell, das EVE audio derzeit anbietet und wer ein „Mehr“ in beliebiger Richtung braucht, kann sich im Programm des Herstellers nahezu beliebig steigern. Von Nearfield bis zum Main Monitor ist alles vertreten.


FAZIT:


EVE audio hat mit den SC203 ein paar tolle Kleinmonitore im Angebot. Sie sind nicht billig, aber jeden Euro wert. Top ausgestattet, sehr gut verarbeitet, bieten durchdachtes Zubehör (Tasche, Subwoofer) und lassen sich mit analogen und digitalen Quellen verbinden. Was mir persönlich fehlt, ist eine Bluetooth Anbindung, dann wäre alles komplett und könnte bspw. direkt vom Smartphone angespielt werden. Vielleicht kommt in Zukunft etwas derartiges? Klanglich kurz und knapp, sie können nicht alles, aber was sie können, können sie richtig gut!

 

Daher unbedingt anhören, vor allem, wenn es darum geht, bestmöglichen Klang aus PC oder Mac zu holen ohne großes Gerät aufzufahren. Dass sie nebenbei auch noch einfach zu transportieren sind, ist ein Sahnehäubchen, was die ganze Sache abrundet. Unbedingte Empfehlung!


www.eve-audio.com

Preis: 499,00 Euro

 

Erhältlich bei www.hoerzone.de sowie www.thomann.de

 

EVE Audio GmbH 

Ernst Augustin Str. 1a 

12489 Berlin 

Deutschland 

Tel: +49-30-6704 4180 

Fax: +49-30-6704 4188


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