Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

FOCAL ELEAR


Autor: Fritz I. Schwertfeger

Bilder: Focal / Fritz I. Schwertfeger

Mai 2017


Over Ear Kopfhörer – Praxistest: Focal Elear 

 

Die Franzosen bauen nachweislich die hervorragendsten Weine an, bei Fahrzeugen lässt sich vorzüglich darüber streiten, glänzen mit ihren kulinarischen Errungenschaften und sind auch in der Modewelt der Nabel der Welt. Und auch in Sachen audiophiles Equipment erfahren wir nicht erst seit gestern, dass jenseits des Rheins ebenfalls Bemerkenswertes kreiert wird. Seit über 35 Jahren entwickelt und fertigt Focal Lautsprecher, die sowohl Kunden als auch Fachpresse begeistern. Mit den Over-Ear Kopfhörern Utopia und Elear strebt Focal nun ebenfalls in höhere Weihen, welche im Lautsprecherbau mit der monolithischen Referenz Grande Utopia bereits erreicht wurden. 


FOCAL ELEAR - Akustische Haut COUTURE


Man staunte nicht schlecht, als Focal im letzten Sommer die beiden Kopfhörermodelle Utopia und Elear ankündigte. Die beiden Kopfhörer, für kompromisslosen Genuss in einer ruhigen Umgebung konzipiert, verfolgen nüchtern ausgedrückt den Ansatz, dass hochwertigste Reproduktion von Musik keinerlei Kompromisse bedingt.

 

Der hier getestete Elear profitiert in dieser Hinsicht und wir kommen später zu den Details, von den Entwicklungen des Spitzenmodells Utopia. Dessen für die Klangreproduktion benötigte Komponenten einfach zuzukaufen, entspricht weder Anspruch noch Credo des Herstellers, der lieber auf eine hohe Fertigungstiefe aus eigener Hand setzt. So wurde vieles neu hinterfragt, ausprobiert und mit akribischen Aufwand von Grund auf neu entwickelt und konstruiert. Um so erfreulicher die Gewissheit, dass diese Errungenschaften per technologischen Transfer ihren Weg zum Elear gefunden haben und sich dieser im Rahmen seiner dezenteren Preisgestaltung - im Vergleich zum Utopia - auch einer breiteren Käuferschicht erschließt.

 

Das natürliche Habitat des Elear findet sich unstreitig im heimischen Umfeld, sei es im trauten Wohnzimmer, dem eigenen Musikzimmer oder schlicht in Begleitung eines angenehm temperierten Grand Cru auf der heimischen Terrasse. Letzteres mag auf den ersten Blick ungewohnt erscheinen, doch trotz seiner Impedanz von 80 Ohm lässt sich der Elear ganz vorzüglich von mobilen HiRes-Playern wie dem Astell & Kern AK 380, einen Klinken-Adapter von 6,3mm auf 3,5 mm vorausgesetzt, in die Pflicht nehmen.

 

Dem Einsatz in U-Bahn, Zug oder im Flieger indes, stehen zunächst seine offene Bauweise - die sowohl Außengeräusche eindringen, als auch die eigen erzeugte Klangkulisse an die Umgebung emittiert - im Wege. Aber auch sein mit 450 Gramm recht hohes Gewicht und sein luxuriös anmutendes Äußeres dürfte nicht nur Blicke, sondern auch Langfinger anlocken. Gründe genug also, sich für unterwegs nach einem praktikableren Kopfhörer umzuschauen, wer hier der Marke treu bleiben möchte, schaut sich einfach den "Listen" von Focal näher an.  



Wer sich für den Elear entscheidet, bekommt bereits bei der Betrachtung der üppigen, um nicht zu sagen großzügig dimensionierten Klappbox große Augen. Tiefschwarz, im Format eines respektabel großen Humidors, offenbart sich der darin liegende Kopfhörer alsdann in schützendem Schaumstoff eingebettet.

In pyramidaler Form findet sich dieser auch auf dem von Magnetkraft unter Verschluss gehaltenem Klappdeckel wieder, so dass der Elear von allen Seiten fürstlich weich umhüllt wird. Im Lieferumfang und ebenfalls in einem separaten Abteil untergebracht, findet sich das beidseitig gesteckte, drei Meter messende Kabel mit 6,3 mm Klinkenanschluss wieder.

 

Dessen beide, mit jeweils 3,5 mm messenden Klinkensteckern eingefasste und in die Treibergehäuse zulaufende Zuleitungen beugen unliebsamen Effekten der Mikrophonie, wie das restliche Kabel selbstverständlich auch, mit ihrer weichen und gleichzeitig verwindungssteifen Ummantelung vor. Das massiv füllige und verwindungsfreie Kabel suggeriert die Robustheit eines Abschleppseils und darf sich davon abgesehen, neidvoller Blicke all derjenigen sicher sein, die sich zuhause mit dünnen und zu Kabelsalat neigenden Zuleitungen rumplagen müssen.   


FOCAL ELEAR - DESIGN / KOMFORT


Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Nähert man sich dem Elear, fallen zunächst die hochwertigen Materialien und die mit organischer Linienführung gezeichnete Formgebung auf. Fließend, ruhig und sanft abgerundet würde man das Design beschreiben wollen, frei von progressiver Möchtegern-Nervosität. Die nach dem offenen Prinzip konstruierten Ohrmuscheln des Elear sind mit einem feinen schwarzen, metallischen Drahtgeflecht umspannt. Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass der Blick zur gegenüberliegenden Seite auf keinerlei Widerstand stößt, was gleichermaßen für die akustischen Schallwellen gilt.

 

Die Kurven und Formen des Elear sind genauso handschmeichlerisch wie das Leder des Kopfbandes oder die samtig weiche Oberfläche der Ohrpolster. Das Auge wandert rasch zum mittig eingefassten Firmenemblem aus Edelstahl, das Robustheit und Wertigkeit vermittelt und bei genauerer Betrachtung auch einen ersten Blick auf den dahinter befindlichen Treiber des Elears gewährt. Wie ein roter Faden zieht sich diese Art kunstvoll postulierter Exzess aus massiver Opulenz und hoher Fertigungsqualität durch sämtliche Bauteilsegmente. So auch bei den üppig dimensionierten Ohrpolstern, deren weicher Memoryschaum von hautsympathischen Synthetikstoff ummantelt ist. Im Verbund mit dem nicht übertrieben aber dennoch gut dosierten Anpressdruck des Elear, ergibt sich so eine gelungene Balance zwischen Abdichtung und Tragekomfort.

 

Speziell Brillenträger dürfte es freuen, dass ein gleichzeitiges Tragen von Brille und Kopfhörer möglich ist und beide sich recht schnell aus der bewussten Wahrnehmung ausblenden. Sollten die Ohrpolster im Laufe der Jahre vielleicht doch reif für einen Austausch sein, lässt sich das unkompliziert bewerkstelligen. Wer mag, wie in meinem Fall, kann auch experimentieren und dem Elear einfach die lederbewährten Ohrpolster des Utopia angedeihen lassen. Genauso wichtig, wie ein gut am Ohr abschließender und abdichtender Sitz sind auch die Ohrpolster selbst, nehmen sie durchaus Einfluss auf die Klangsignatur, wie sich im Hörtest zeigen wird. So findet sich bei näherer Betrachtung der Ohrpolster in deren rückwärtigen Raum ein perforierter Bereich, der für ein ruhigeren Obertonbereich und gleichermaßen bessere Absorption sorgen soll.

 

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Die Liebe zum Detail und das ist keine Selbstverständlich-

keit, zeigt auch die Einfassung der Ohrmuscheln an die mit feiner Rasterung in den Kopfbügel unsichtbar eintauchende Verstellmechanik. Die aus leichtem aber hochfesten Aluminium gefertigten Gabeln bilden nicht nur ebenfalls die organische Formensprache nach, sondern fassen die Ohrmuscheln mit einem  Federkraft ausübenden Mechanismus auf. Dadurch ergibt sich ein weiterer Baustein in Sachen umfassender und komfortabler Druckanpassung, der das klangentscheidende Volumen zwischen Membran und Innenohr für eine optimalere Schallausbreitung abdichtet.

 

Außerdem ergibt sich so auch eine größere Flexibilität und ein praktikableres Handling des Kopfhörers bei der Anpassung an den jeweiligen Träger. Das breite Kopfband selber ist sehr gut gepolstert, von weichem Leder umfasst und lässt sich ohne Schlimmeres befürchten zu müssen auch mal grob anfassen. Jegliche Form von Drehen und Torsion steckt der Elear mit gelassener Gleichgültigkeit weg, will sagen, dieser Kopfhörer ist bis ins letzte Detail unerschütterlich und fest wie ein Tresor gebaut. Qualitativ und in Sachen Tragekomfort sicherlich einer der Besten mir unter die Hände gekommen Over-Ear Kopfhörer bis dato.



FOCAL ELEAR - TECHNIK


Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

Für das offen konstruierte, die Ohren umschließende Prinzip entschloss man sich bei Focal, weil man ein enorm lebendiges wie natürliches Klangbild ohne Schallwellenwiderstand und damit einhergehenden, komprimierenden Effekten zu erzielen suchte. Wie Eingangs erwähnt, durften die Ingenieure so viel wie möglich selbst entwickeln, statt auf zugekauftes Material zu setzen. Schaut man sich die große Akribie die hier betrieben wurde genauer an, könnte man fast der Meinung anheim fallen, die Franzosen wollten das Rad neu erfinden.

 

So zum Beispiel bereits bei der Membran, die nicht wie bei vielen anderen Herstellern üblich aus Mylar besteht, sondern aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung. Leicht aufgrund reduzierter Masse einerseits, hochfest und mit hoher innerer Dämpfung anderseits soll diese „M shape“ getaufte Membran zackige Impulse, blitzschnell, resonanzarm und mit perfektem Ein-und Ausschwingverhalten umsetzen.  

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Die besondere Formgebung des 40 mm messenden Treibers, bietet durch die ein M nachbildende Faltung eine viel größere Schall emittierende Fläche, die im Grunde einer umfänglicheren, normalen Membran pegelmäßig überlegen ist. Die 25 mm große Spule klebt Focal in den Falz der Membran. So lässt sich  die Aufbrechfrequenz in unkritische Bereiche verlagern und obendrauf ein verzerrungsfreies Auflösungsverhalten bis in höchste Lagen erzielen.

 

Bei eingängiger Betrachtung, insbesondere der Aufhängung, wirkt der den gesamten Frequenzverlauf abbildende Treiber wie eine miniaturisierte Lautsprecher-Membrane. Dazu passt auch, dass die Treiber mit moderner Klippel-Messwerkzeugmaschinerie eingehend analysiert werden und so mit geringsten Toleranzen (+/-05 db) zu exakt gematchten Paaren zusammenfinden.

 

Neue Wege gehen die Franzosen in Sachen bewegter Masse. Jedes eingesparte Gramm, das nicht in Bewegung versetzt werden muss, verbessert die Impulsreaktion und lässt das Klangbild leichtfüssig und agil wirken. Also lässt man in Saint Etienne, wo der Elear übrigens nicht nur ersonnen, sondern auch hergestellt wird kurzerhand den Schwingspulenträger weg. 

 

Auch bei der Aufhängung der Membran wurde lange getüftelt, bis die Wahl letztlich auf Acrylnitril-Butadien-Kautschuk, auch besser unter dem Kürzel NBR bekannt, fiel. Das im Vergleich zu anderen Lösungen drei Mal dünnere, dennoch geschmeidige und gleichzeitig belastbare Material erlaubt trotz geringem Gewicht hohe Auslenkungen. All diese Maßnahmen führen zu einem Gesamtgewicht der zu bewegenden Masse, d.h. von Membran und Schwingspule von gerade mal 150 Milligramm.


Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Auch den rückwärtigen Bereich der Membran bedachten die Franzosen, indem sie diesen offen gestalteten, und so für ein freies Aufspielen ohne Bedämpfung durch zurückreflektierende Anteile sorgen. Der für den Antrieb verantwortliche Neodym-Magnet gehört mit einer Flussdichte von fast einem Tesla zu den kräftigeren Vertretern und hat im Grunde leichtes Spiel. Schließlich ist die eigen entwickelte 25 mm messende und lediglich 5 mm hohe Schwingspule zwar riesig aber dennoch leichter als eine herkömmliche, konventionelle Schwingspule. 

 

Neben den ganzen Feinheiten auf technischer Seite bedachten die Ingenieure mit gleicher Akribie auch die akustischen Besonderheiten von Kopfhörern. Oftmals kritisiert, die problematische Im-Kopf Lokalisation, die Focal mit einer nach vorne gezogenen und angewinkelten Positionierung des Treibers entschärfen will. Eine gänzlich andere Räumlichkeit, auch durch die Einbeziehung der Ohranatomie, soll dazu führen, dass ein ähnliche Wahrnehmung von Breite und Tiefe wie bei einem gut positionierten Lautsprecher Set-Up entsteht.  


HÖRTEST


Wohl kaum ein anderes Stück als The Age Of Adz  von Sufjan Stevens gleichnamigen Album eignet sich vorzüglicher, um die tonalen Fähigkeiten eines Kopfhörers allumfassend auf die Probe zu stellen. Da balgen gleich zu Beginn, Violinen, Trommeln, Pauken, Trompeten, Querflöten, allerlei synthetische Klangobjekte und chorale Elemente vordergründig um Aufmerksamkeit. Zwei Dinge können hier gerne aus dem Ruder laufen, entweder wird die Darstellung unsortiert zu einem faden Ratatouille zusammengerührt oder der Zuhörer erleidet durch übermotivierte Betonung der obersten Lagen ein unerträglich harsch intoniertes Dauerfeuer, welches eher Mutprobe denn Genuss darstellt. 

 

 

Serviert das Stück dann nachweislich der Präzision verschriebene Mytek Brooklyn DAC wird es richtig spannend. In beiden Punkten, das ruhig schon mal vorab, kann mit dem Elear Entwarnung gegeben werden. Mit sprichwörtlicher Leichtigkeit umschifft er diese Prüfung und vereint seidige Präzision, impulsive Schnelligkeit mit einer fast schon frappierenden Räumlichkeit. Letzteres lässt sich an einer weit in den Raum hinein leuchtenden Staffelung der tonalen Ereignisse festmachen.  Hier kommt es mir vor, als ob ich die unterschiedlich hineinbrechenden Sequenzen nicht einfach nur wahrnehme, sondern ihre Position anhand eines sich urplötzlich im Geiste auftuenden, dreidimensionalen Koordinatensystems fein gestaffelt an der jeweiligen X1, X2 und X3 Position zu orten vermag.

 

Dabei ist noch etwas bemerkenswert, wandert ein tonales Ereignis vom linken in den rechten Kanal, entsteht ein wunderbar homogener und räumlich absolut nachvollziehbarer Übergang, der in Sachen Rauminformationen ein großes Maß an Breite und Tiefe mitliefert. Gerade bei diesem Stück, in welchem hintergründig stattfindende tonale Sequenzen ständig in Bewegung zu sein scheinen, lassen sich diese anhand der deutlichen und präzisen Tiefenstaffelung des Elear klar und deutlich wahrnehmen. Diese, ich möchte es mal ganz salopp ausdrücken, enorme räumliche Beweglichkeit führt zu einer wahrgenommenen tonalen Durchlässigkeit, die ich nur selten bei Kopfhörern ausgemacht habe und wenn dann meist bei kostspieligen Elektrostaten oder Magnetostaten. Hier gelingt dem offenen Elear ein Kunststück, dessen Absenz die meisten dynamischen Wandler mit koketter Obertondynamik elegant zu umschiffen versuchen.  



Ganz anders der Elear, der mit Blick auf seine Obertonqualitäten dem Hörer eine charmante Symbiose von fein ziseliertem Detailreichtum und sanfter Feinzeichnung feilbietet. Dabei fährt er trotz seiner wärmeren Timbrierung den Hochtonglanz nicht über Gebühr zurück, sondern nimmt beispielsweise der Präsenz von harten S-Lauten im Gesang von Sufjan Stevens die unangenehmen Spitzen, ohne Details vermissen zu lassen.

 

Interressant vielleicht hier der direkte Vergleich mit dem beyerdynamic DT 1990 PRO. Dieser, aus seiner Profession keinen Hehl machend und bekannt für seine lupenreine Transparenz und Akkuratesse, zeigt sich mit einer gänzlich anderen Granulierung des Hochtonbereichs, anhand eines höheren Grades an Brillanz und Durchzeichnung, mit eindeutig anderer Gangart. Letztlich eine Frage des persönliches Geschmacks, beide Kopfhörer bieten enorme Spielfreude und ein sehr lebendiges Klangbild mit unterschiedlicher Charakterisierung. Feurig, präzise und mit unbestechlicher Lokalisationsschärfe der beyerdynamic, seidig schimmernd, gefühlvoll und mit fundiert breiter Bühnendarstellung der Focal.

 

Kommen wir wieder zurück zum Elear, der auch bei mehrmaliger Repetition des Stücks, jene noch so kompliziert kaskadierten Passagen mit gleichermaßen  fluider wie trennscharfer Spielweise, ohne dabei je aufdringlich zu wirken, an die Ohren bringt. Die dynamischen Fähigkeiten des Elear sind ebenfalls beeindruckend. Ganz gleich, ob der Übergang von hektisch, laut, druckvoll auf einen plötzlich sanften Gesang erfolgt, gänzlich nahtlos und ohne Anzeichen von Nervosität oder Kompression zeichet der Elear diese Passagen mit homogener, unaufgeregter Spielsweise nach und spannt so eine faszinierend ergreifende Atmosphäre auf.  

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Wechseln wir die Musik und auch das Equipment, schließlich stellt sich nicht von ungefähr die Frage, ob ein Kopfhörer dieser Preisklasse ganz divenhaft nur mit kostspieliger Verstärkung zu Höchstform aufläuft. Dem ist erfreulicherweise nicht so, der Elear ist nicht nur absolut undivenhaft, sondern lässt sich auch vom erstaunlich gut aufspielenden Kopfhörerverstärker des Elac Element Amp zu einer Spielweise aus ausgewogener Breitbandigkeit und schwellgerischer Farbenpracht überreden.

 

Beim Stück Within Me von Gretchen Parlato aus dem Album In A Dream, zeigt der Elear seine Qualitäten mit einem beweglichen und farbintensiven Mittenband umgehend auf. Sowohl die Intonierung als auch die feinabgestuften Phrasierungen in der stimmlichen Darbietung glänzen mit authentischer Durchzeichnung und Natürlichkeit. Der Grundtonbereich bleibt authentisch und ausgewogen, erhält durch die leicht ins wärmere neigende Gangart des Elear nachvollziehbare Körperhaftigkeit, frei von substanzieller Übertreibung.

 

Frei von jeglicher Strenge oder Härte manifestiert sich Gretchen Parlato lebensgroß vor dem geistigen Auge, während die sorgsam dosierte Instrumentierung aus Klavier, gezupftem Bass und per Besen filigran bearbeitetes Schlagwerk, ebenfalls plastisch und mit authentischer Substanz aufwartet. Da schiebt sich kein Frequenzband in den Vordergrund, auch finden keinerlei Überdeckungseffekte statt. Die Instrumente sind schön ausdifferenziert wahrnehmbar, besitzen dabei stimmige Körperhaftigkeit wie Intensität, ohne dabei eingengt oder zu dicht aneinander gereiht zu wirken. Überhaupt ist es diese, um es plakativ zu nennen, luftige, ja gar mühelos galante Gangart des Elear, die aufhorchen lässt. Wunderbar auch mit welcher Leichtigkeit und Agilität die Besen über das Fell des Schlagzeugs gleiten, während die sanftere Timbrierung die Balance zwischen einem gleichzeitig entspannten wie langzeittauglichen Charakter und einem hohen Grad an Natürlichkeit und Authenzität punktgenau trifft.

 

Der Elear und ich komme nicht umhin dies zu konstatieren, ist ein vollmundiger Klangästhet. Die ausgesprochene Feinfühligkeit und Transparenz im Mittenband harmoniert mit einer dichten, erdigen Substanz, so dass ein in höchsten Maßen angenehm enstpanntes und natürliches Klangbild die Folge ist. Im Vergleich legt hier ein AKG K702, der zugegebenermaßen aus einer gänzlich anderen Preisliga kommt, eine vollkommen differente Tonalität an den Tag. Sein vordergründig mit mehr Hochtonenergie und somit auch eher in analytische Gefilde tendierender Klangcharakter, lässt Gretchen Parlato weniger leidenschaftlich und mit geringerem Pathos aufspielen, während auch der schlanke Grundton für ein nüchternes Klangbild sorgt. 

 

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Wenden wir uns also abschließend, um auch den Frequenzkeller des Elear hinreichend zu inspizieren, elektronischen Klängen zu. Angetrieben vom AK 380 und dem in Reserve stehenden passenden Verstärker, der im Falle des gutmütigen Elear gar nicht zum Einsatz kommen braucht, erklingt das Stück 7: 45 von Kosheen aus dem Album Solitude. Für einen offenen Kopfhörer reicht er erstaunlich tief hinab ohne dabei effektheißerisch den Grundtonbereich überproportional zu betonen.

 

Nein, die Basswellen zeichnen sich sauber und wunderbar in die tiefe expandierend ab, ohne wabbernd oder unkontrolliert zu wirken. Vielmehr bleibt der Focal Elear in Sachen Bassfundament zwar erdig und sonor, geht aber die Dinge im Vergleich beispielsweise zu einem beyerdynamic DT 1770 PRO etwas gelassener und mit wärmerem Duktus an. Während der beyerdynamic souverän die Tiefe ausleuchtet, bleibt er gleichzeitig straff muskulös und mit reichlich Spannkraft bewährt.

 

Da ist der Elear dann sonor eher weicher aufgehängt und kokettiert mit mehr Emotionalität, vereint dunkle Vollmundigkeit mit zurückhaltenderen, samtigeren Punch bei guter Definition. Dabei bleibt keineswegs Kontour oder Kontrolle auf der Strecke, sondern es gesellt sich in den unteren Oktaven ein entspannter Elan hinzu, welcher den Tiefton musikalisch federnder, freier wirken lässt.

 

 

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Interessant vielleicht auch an dieser Stelle, der sich wahrnehmbar verändernde Klangcharakter beim Wechsel der Ohrpolster. Tönte es gerade noch wärmer temperiert, lassen die in Leder gehüllte Ohrpolster des Utopia plötzlich eine feiner ausjustierte Offenheit erkennen. Das Klangbild wirkt präziser und im Timing akkurater, während der Bass ebenfalls an Genauigkeit und feinerer Definition dazu gewinnt. 

 

Was ebenfalls auffällt, ist die ausgedehnte Tiefenstaffelung des Elear, die dem Stück ein größeres Maß an Atmosphäre und Intensität auf den Weg gibt. Dabei wird kein künstlicher Raum geschaffen, sondern ein eher breiter Blick auf das Gesamtgeschehen ermöglicht. Ähnlich einer Aussichtsplattform, die freie Sicht auf ein sich ausbreitendes Panorama bietet. In Verbindung mit der satten und leicht wärmeren Timbrierung ergibt sich ein sehr homogenes Klangbild, das durch die entspannte Detailfreude sowohl zu intensiven, als auch entspannten Genuss einlädt.


FAZIT:


Machen wir es kurz. Der Focal Elear ist Feingeist und athletischer Ästhet zugleich. Sowohl was seine klanglichen Tugenden, als auch die Wertigkeit der Materialien, ihre Verarbeitung und den hervorragenden Tragkomfort anbelangt. Nur wenige Kopfhörer stellen sich so nonchalant in den Dienst der Musik, blenden sich bereits nach kurzer Zeit - was ihre psysische Wahrnehmbarkeit angeht aus - um dem Hörsinn mehr Konzentration und gleichzeitig Kontemplation zu erlauben. Seine Fähigkeit zu berühren, ganz gleich um welch musikalischen Kontext es sich handelt, eröffnet dem Hörer den Ausdruck von Pathos, Leidenschaft und Emotion mit einer außergewöhnlichen Farbtiefe und Intensität, die dem natürlichen Ideal verblüffend nahe kommt. Dabei zeigt er sich ganzheitlich kohärent aufspielend, spielerisch agil und beweglich, warm timbriert mit kräftiger Gesamttonalität. Seine samtig seidige Detailauflösung ergänzt ein transparentes und fülliges, substanzielles Mittenband, das nahtlos in ein kräftiges und weit in den Frequenzkeller hinabreichendes Tieftonfundament mündet. Sein Klangcharakter sorgt für ermüdungsfreies Hören und kommt sicher all denjenigen zugute, die lieber ein detailreiches aber nicht analytisches Klangbild und schwelgerische Weite wie Tiefe einer involvierenden, direkten Bühnenpräsenz vorziehen. 

 

Als Destillat des höherpreisigen Utopia bietet er dessen abgeleitete Klangsignatur, wenngleich nicht mit der selben Strahlkraft und Auflösungspräzision. Dafür  verwöhnt der Elear mit seinem wärmeren Timbre und bietet gleichsam eine hochfeine Klangkultur die seinesgleichen sucht. Meisterlich schon fast, wie der Elear Ausdrucksfähigkeit und feindifferenzierende Schattierungstiefe zusammenführt. Es ist als Stünde man mitten in Claude Monets „Alle in Giverny“ während der Elear nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren verwöhnt.   


FOCAL ELEAR

Focal Elear / Praxistest auf www.audisseus.de/ Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de
  • 95 Pkte   Klang
  • 90 Pkte   Ausstattung / Verarbeitung 
  • 95 Pkte   Brillanz
  • 95 Pkte   Mittenqualität
  • 90 Pkte   Bassqualität
  • 95 Pkte   Neutralität 
  • 105 Pkte Feindynamik / Präzision


Preis: 1 000 Euro / www.focal.com

Erhältlich im Fachhandel.


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