Autor: Fritz I. Schwertfeger
Bilder: beyerdynamic / Fritz I. Schwertfeger
16. März 2019
beyerdynamic Aventho Wireless - Eine Premiere, die es so vorher nie gab. Die Kooperation des Heilbronner Kopfhörerspezialisten mit dem aus Berlin stammenden Start-up Mimi Hearing Technologies resultiert im beyerdynamic Aventho wireless. Dem ersten Bluetooth On-Ear-Kopfhörer mit besonderen Fähigkeiten. Der Aufbruch in ein neues Hörzeitalter?
Bereits der Test des beyerdynamic T 51 p im AUDIO-Magazin zeigte mir seinerzeit eine Tatsache recht deutlich und unumwunden auf. Und zwar folgerichtig, dass die Implementierung der Tesla-Schallwandler in einen On-Ear-Kopfhörer klanglich mehr als nur Sinn macht. Mit dem beyerdynamic Aventho wireless stellen die Heilbronner Kopfhörer-Experten wiederum eine im Grunde zeitgemäße, logische Weiterentwicklung vor. Kabellose Kopfhörer entsprechen dem Zeitgeist und mit der Möglichkeit der Klang-Personalisierung, die sich aufgrund der Zusammenarbeit mit einem bis dato recht unbekannten Hörakustik-Startup namens Mimi Hearing Technologies ergibt, kommen neue ungeahnte Möglichkeiten hinzu.
Konzipiert ist der Aventho wireless für den alltäglichen Einsatz und nicht nur als Kopfhörer für den besonderen Moment. Sprich, bei Bedarf ist er permanent griffbereit, sei es direkt auf dem Weg zur Bahn, im Flieger oder abends auf dem Sofa. Was ihn aber nicht davon abhält, und das ist seine vielseitige Besonderheit, wie ein großer Over-Ear-Kopfhörer auch für Genuss beim bewussten Musikhören zu sorgen. Sei es zu später Stunde, oder am Wochenende.
Das Design ist alles andere als zurückhaltend, aber auch nicht aufdringlich. Schlichter, post-industrieller Charme geht von ihm aus, einerseits progressiv und in der Summe zeitlos. Hinzu kommt auch unterstreichend der duale Farbmix, der die Wechselwirkung von metallenem silber wahlweise mit schwarz oder braun kombiniert. Die Materialien verwöhnen das sonst oftmals bei On-Ear-Kopfhörern plastikgeplagte Auge. Sowohl beim Kopfhörer-Bügel, wie auch den metallenen Ohrmuschel-Bügeln findet sich reichlich Metall in Form von leichtem, hochwertigen Aluminium-Druckguss. Das und die durchweg hochwertige wie solide mechanische Verarbeitung machen den Aventho wireless zu einem robusten und einiges wegsteckenden Spielpartner. Im Grunde, das wird ganz selbstbewusst signalisiert, fast unkaputtbar im normalen Alltagsbetrieb.
Der Tragekomfort ist ausgesprochen hoch, der Aventho wireless sitzt trotz seines Gewichtes von 238 Gramm sehr angenehm, sowohl auf dem Kopf als auch auf den Ohren. Selbst als Brillenträger empfinde ich den Anpressdruck nicht als zu hoch oder unangenehm und kann ihn problemlos lange mit Brille auf dem Kopf spazieren tragen. Die mit vertikaler Neigung drehbar gelagerten Ohrmuscheln schmiegen sich dank weicher, hautsympathischer Polsterung sehr gut an und tragen mit ihrer geschlossenen Bausweise zur insgesamt guten Kapselung der Äußengeräusche bei. Das ebenfalls gut gepolsterte Kopfband nimmt die Höhenverstellung auf, die gut dosierbar und fest einrastend genügend Spielraum selbst für größere Köpfe bietet.
Da sich der Kopfhörer nicht zusammenfalten lässt, spendiert beyerdynamic eine hochwertige Tragetasche aus Stoff statt Kunstleder, die auf Reisen sogar einem Digital Audio Player (DAP) Schutz und Unterkunft gewährt. So ist alles praktisch verstaut und stets griffbereit. Nice.
Mit an Bord ist die patentierte Tesla-Technologie, bei der ein leistungsstarker Magnetantrieb die Schwingspule ringförmig umgibt. Die so gesteigerte magnetische Flussdichte und wie der Zuwachs an magnetischer Kraft resultieren in einem präziseren Ansprechverhalten der bewährten 40 mm messenden Membran. Aufgrund seiner niedrigen Impedanz von lediglich 32 Ohm und einer praxisgerechten Empfindlichkeit, lässt er sich im optionalen Kabelbetrieb auch von einem eher leistungsschwächeren Verstärker, wie er in zahllosen Smartphones eingebaut ist, durchaus laut genug antreiben. Primär, und das verrät auch unumwunden die Namensgebung des Aventho wireless, ist er für den kabellosen Bluetooth-Betrieb geschaffen.
Achillesferse von Bluetooth war in der Vergangenheit die niedrige Bandbreite bei der Übertragung, die das ganze wie ein Flaschenhals abbremste. Alles aber mittlerweile alte Kinderkrankheiten, denen das moderne, im Aventho wireless eingesetzte 4.2 Bluetooth-Protokoll sowohl sparsamen, akkuschonenden Energieverbrauch, hohe Datensicherheit, bessere Störimmunität und eine hohe Übertragungsgeschwindigkeit entgegensetzt. Macht man sich bewusst, dass Bluetooth nur das Transportmittel ist, spielt der Blick auf die Übertragungsmethode eine wesentlich größere Rolle.
Vorneweg, eine Übertragung per Bluetooth wird im Gegensatz zum Kabelbetrieb immer eine verlustbehaftete Lösung darstellen, denn es muss prinzipbedingt stets für die Übertragung komprimiert und dekomprimiert werden. Aber, zusätzlich zum standardisierten Oldtimer SBC finden sich beim Aventho wireless auch die modernen Übertragungs-Codecs aptX sowie aptX HD wieder. Bei letzterem rechnet der Aventho wireless höher eingehende HiRes-Inhalte bei einer Bittiefe von 24 bit auf maximal 48 kHz herunter, so dass der Begriff HD ein klein wenig in die Irre führt.
Aber betrachten wir es mal aus einer anderen Richtung. Der Aventho wireless gleicht selbständig die bestmögliche Übertragungsvariante ab, d.h. AptX HD wird nach Möglichkeit immer vor aptX , AAC und schlußendlich SBC automatisch der Vorrang eingeräumt. Bei aptX HD und gewöhnlicher CD-Kost aka 16 bit und 44,1 kHz fahren wir also eine Übertragung mit 48 kHz und kompletter Bittiefe von 24 bit. Um es kurz zu machen, zwar bleibe ich dabei, dass sich das beste klangliche Resultat im Kabelbetrieb zeigt. Aber diese Konstellation hier ist durchaus beeindruckend, lässt sie kaum Unterschiede bei normaler CD-Kost im Vergleich zum Kabelbetrieb heraushören und das ist schon eine grandiose Sache. Für Nutzer von iOS-Geräten bietet sich der AAC Codec an, der ja ebenfalls eine höhere Übertragungsqualität als SBC verspricht.
Insgesamt über 30 Stunden Akkulaufzeit verspricht beyerdynamic, was für einen derart kompakten On-Ear mit den notwendigen elektronischen Bauteilen an Bord bereits in der Theorie als mehr als respektabel durchgeht. In der Praxis kommt es mir nach tagelanger Nutzung, zugegebenermaßen immer in einem Zeitraum von zwei bis drei Stunden über den Tag verteilt, fast schon unheimlich vor, wie lange es dauert, bis der Aventho wireless wieder aufgeladen werden muss.
Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass für mich das alltagstaugliche Handling eine viel größere Rolle spielt, als die theoretisch maximal erreichbare Akkulaufzeit, die sowieso bei HiRes-Inhalten deutlich kürzer als bei der Wiedergabe von MP3-Dateien ausfällt. Außerdem informiert eine sympathische Frauenstimme beim Einschalten über die aktuelle, prozentuelle Ladekapazität, so dass man immer rechtzeitig nach einer Steckdose für das Aufladen Ausschau halten kann. Und sollte tatsächlich mal unterwegs dem Akku mal die Puste ausgehen, sorgt das mitgelieferte 3,5 mm Klinkenkabel dafür, dass der Musikgenuss weitergeht.
Kommen wir noch zum quasi unsichtbar versteckten Highlight des beyerdynamic Aventho wireless. Die individuelle Anpassung des Klangbilds an das Gehör des jeweiligen Trägers. Möglich macht das die Kooperation mit dem Unternehmen Mimi Hearing Technologies, die ein sehr spezielles, dynamisches wie intelligentes, auf Algorithmen basierendes System entwickelt haben. Unser Hörvermögen ist individuell, jeder hört also anders. Auch das Alter und die langfristige Einwirkung von belastenden Faktoren wie erhöhter Lärmpegel durch Arbeit oder Sonstiges, spielen hierbei eine Rolle. Letztlich, wird das Hörvermögen mit zunehmendem Alter nicht besser sondern schlägt leider die entgegengesetzte Richtung ein.
Durch korrigierende Eingriffe, gelingt es dem System hier gegenzusteuern indem gehörbasierte Defizite erfasst und kompensiert werden. So ist es ohne Weiteres möglich, über eine vorherige Messung des Gehörs durch die kostenlos erhältliche beyerdynamic Make It Yours (MIY)-App, zwei ganz bedeutsame Effekte zu erzielen.Wird leise gehört, sind die Details noch vorhanden, wird laut gehört, wird es in keinster Weise schmerzhaft.
Was so aus dem Nichts heraus nach Hokuspokus klingt, funktioniert in der Praxis ungemein gut, ist blitzschnell umgesetzt und ohne hörbare Latenzen. In der Intensität ist das alles feinfühlig und nach persönlichem Gusto dosierbar. Und das Schöne bei alledem: Es lässt sich via App per Knopfdruck an- und ausschalten, so dass sich ein hörbarer Unterschied unmittelbar einstellt. Das alles wiederum setzt hochwertige Technik und mächtig hohe, von einem Digitalen Signal Prozessor (DSP) beigesteuerte Rechenpower voraus.
So wundert es auch bei näherer Betrachtung nicht, dass beyerdynamic hier auf den modernen Qualcom CSR 8675 Chipsatz zürückgreift, der neben DSP, auch A/D- wie auch D/A-Wandlung bereit stellt. Aber auch die Möglichkeit, die plane Oberfläche der rechten Ohrmuschel als berührungsempfindliches Steuertableau zu verwenden wird hierüber erst ermöglicht. Aber es geht noch weiter, auch Freisprechfunktionalität und Musiksteuerung sind selbstverständlich.
Machen wir es kurz, denn es war ja eigentlich gedanklich von einem Kurztest die Rede. Beim Kriterium klanglicher Güte überzeugt der Aventho wireless mit seiner ausgewogenen und gleichzeitig detailfreudigen, wie auch farblich etwas leicht wärmer timbrierten Wiedergabe im Mittenbereich. Offen und luftig zeigt sich das Hochtonband, dem übereifrige Kanten oder Fahrigkeit absolut fremd sind. Er ist durchaus ein Verfechter der neutralen Grundcharakteristik, die er jedoch nicht unterkühlt, sondern mit einer minimalen Grundtonbetonung vorträgt.
Trotz des geringen Gehäusevolumens steigen die Treiber erstaunlich tief hinab, bleiben dabei kraftvoll und kontrolliert, neigen auch bei höheren Pegeln nicht gleich zu Kompression. Gibt es Abstriche? Durchaus, bei der räumlichen Ausleuchtung der Klangbühne bleibt der Aventho wireless im Unterschied zu seinen größeren Over-Ear Bruder Amiron wireless (Test folgt) eher kompakter fokussiert, als der deutlich weiter in die Tiefe hinein- und auch mehr die Breite ausleuchtende Over-Ear.
Der beyerdynamic Aventho wireless ist ein Novum. Er hat keine analytische aber auch gleichzeitig keine seidig-warme Tonalität, sondern fällt eher mit seiner äußerst musikalischen, spielfreudigen, sorgfältig abgestimmten und damit langzeittauglichen tonalen Balance auf. Dabei bleibt er selbst bei höheren Pegeln stets souverän und sauber aufspielend. Und als ob das nicht genug wäre, gesellt sich auch die auf das eigene Hörvermögen angepasste Klangabstimmung hinzu, welche als ultra präzise und gehörrichtige Feintuning-Maßnahme verstanden werden kann. Sein unkompliziertes Handling, die qualitativ hochwertige Bauart die eine mehr als robuste Alltagstauglichkeit mitbringt, machen ihn zu einem gerne gesehenen, dauerhaften Begleiter für viele lange Jahre. Es gibt viele On-Ear-Kopfhörer, die Ähnliches propagieren, aber ich kenne derzeit keinen anderen On-Ear, der dem beyerdynamic Aventho wireless in Sachen Klangqualität und Handling auch nur annähernd das Wasser reichen könnte.
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