Bill Callahan - Dream River


Bill Callahan - Dream River
Foto: Fritz I. Schwertfeger


 

Autor: Fritz I. Schwertfeger

 

Ein Teufelskerl, dieser Bill Callahan, Abgesandter des Lo-Fi Songwritings und der babylonischen Folk-Irrgärten. Liefert mit Dream River ein eklektisches und gleichsam entrücktes Meisterwerk ab, dass sich mit der Gelassenheit eines mittleren Waldbrandes in die Gehörgänge festfährt.

 

Zunächst wie eine irrlichternde, sanftere, ja fast gelangweilte Ausgabe des manischen Vorgängers „Apocalypse“ anmutend, offenbart das neue Album erst bei näherer Betrachtung den eindringlichen Irrwitz der Callahanschen Kompositionen. Die Songs, von wunderbaren Stimmungswechseln und einer besonderen Aura umgeben, lassen Callahan zu einer Art musikalischen Fitzcaraldo werden, der bei klarem Verstand und dennoch wahnhaft zum einem berauschenden Trip auf seinem persönlichen Dream River einlädt.

 

Erst langsam, dann aber mit Nachdruck, verdeutlicht Dream River, wie meisterlich es Callahan versteht, die Kolorierung der Musik, einem Chamäleon gleich changieren zu lassen - wo Licht auch plötzlich Schatten. Aber Halt, waren das Congas? Tief nachhallende Gitarren, die an langsam auftauchende Nebelfelder erinnern? Und was soll das mit den Flöten und Geigen?

 

Dream River ist zeitgemäße Exegese des post-modernen amerikanischen Lo-Fi, auf dessen Epiphanie, verborgene kafkaeske Züge wirken und walten. Deutlich beim Stück Javelin Unlanding, wenn sich die Frage in den Raum stellt, ob die Sehnsucht in Callahans Gesang eher der Javelin Boden-Luft-Rakete oder der FGM-148 Javelin Panzerabwehr-Rakete (Fire-and-Forget) gewidmet sein könnte.

 

Auf Vinyl gepresst erklingt die tiefe Stimme Callahans voller sonorer Kraft und Eindringlichkeit, die Songs schwelgen in sanft schimmernden Detailreichtum und farbenfroher, stimmungsvoller Tiefe. Ein Meisterwerk, eines kongenialen Künstlers.